In den letzten drei Monaten stand der Ölmarkt unter Abwärtsdruck. Niedrigere Ölpreise haben sich negativ auf den Ölservicesektor ausgewirkt. In dem folgenden Artikel möchten wir die jüngsten Entwicklungen sowie die fundamentale Ausgangslage im Ölservicesektor analysieren.

Börsenumfeld

Die Ölpreise haben in den letzten drei Monaten stark abgegeben, da die makroökonomischen Daten aus China enttäuscht haben, die chinesische Ölnachfrage geschwächt war und gleichzeitig erwartet wird, dass Nicht-OPEC-Produzenten wie die USA ihre Produktion erhöhen werden. Der Preis für Brent-Öl ist von 85 US-Dollar pro Barrel Mitte Juli auf 74 US-Dollar pro Barrel Mitte Oktober gefallen. Diese Preiskorrektur hatte zu einem Abverkauf des gesamten Ölservice-Sektors geführt.

Zwischen den Ölservices-Dienstleistern und dem S&P 500 hat sich im dritten Quartal 2024 eine Performance-Divergenz von fast 40-Prozentpunkten ergeben. Dies geschah trotz zunehmender geopolitischer Spannungen im Nahen Osten und dem anhaltenden Engagement der OPEC+, die Produktionskürzungen zu verlängern. Die Aktienmarktschwäche könnte auch auf Bedenken hinsichtlich eines Rückgangs der Bohraktivitäten hindeuten, da die weltweiten Bohreinsätze zurückgegangen sind und es kürzlich eine Pause bei neuen Offshore-Verträgen gegeben hat.

Quelle: Bloomberg, 16. Oktober 2024

Bewertungen

Gleichzeitig hat sich die Bewertungsdifferenz (EV/EBITDA) zwischen den Ölservices-Dienstleistern und dem S&P 500 auf fast das Dreifache vergrößert, was die Performance-Divergenz des Segmentes im Vergleich zum breiteren Markt widerspiegelt. Die Bewertungskennzahl EV/EBITDA (Enterprise Value/EBITDA) für das einjährige vorausblickende Unternehmenswert/EBITDA-Verhältnis hat sich verringert, da die Gewinnerwartungen weniger stark sanken als die Aktienkurse. Auf der anderen Seite stieg die Bewertungskennzahl des S&P 500, hauptsächlich aufgrund der Aufwertung des Marktindex. Die EV/EBITDA -Kennzahl der BI Global Oil Field Services Peer-Gruppe liegt derzeit bei 3,9x und damit deutlich unter dem historischen Durchschnitt.

Quelle: Bloomberg, 16. Oktober 2024

Erwartete CAPEX-Ausgaben im Öl- und Gassektor

In den letzten Wochen haben Rohstoffanalysten ihre Ölpreisprognosen für das vierte Quartal 2024 und das Kalenderjahr 2025 nach unten korrigiert. Eine zentrale Frage für Investoren im Ölservicesektor ist, ob die Investitionsausgaben (CAPEX) im Öl- und Gassektor für das Jahr 2025 und die folgenden Jahre gekürzt werden könnten. Trotz der jüngsten Schwäche am Ölmarkt erwarten führende Research-Institute Widerstandsfähigkeit. Mit erwarteten Investitionsausgaben von etwa 150 Milliarden US-Dollar hat Wood Mackenzie gerade eine jährliche Investitionssteigerung von +5 % für das Jahr 2025 im Vergleich zum Kalenderjahr 2024 prognostiziert.

Quelle: Pareto, Oktober 2024

CAPEX-Sensitivität gegenüber dem Ölpreis

Laut Rystad und Morgan Stanley sind Investitionen in Offshore-Projekte im Upstream-Bereich sehr widerstandsfähig gegenüber verschiedenen Ölpreis-Szenarien. Kurzfristig sind nur mit etwa um 1%-verminderte Offshore-Upstream-CAPEX-Ausgaben zu rechnen bei jeder 10-Dollar-Abschwächung des pro Barrel-Ölpreises. Auch mittel- und langfristig (d.h. für den Zeitraum  2027-2030 bleibt diese Sensitivität relativ gering (bei etwa 5-10 %). Auf der anderen Seite zeigt der Onshore-Schiefersektor eine deutlichere langfristige Sensitivität, da ein Rückgang des Ölpreises um 10 Dollar pro Barrel zu einem Rückgang der CAPEX-Ausgaben von mehr als 20 % führen könnte.

Das stärkste Wachstum der Investitionsausgaben werden im Offshore-Tiefseesektor erwartet, mit einer prognostizierten durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 11% bis 2026. Weiterhin gilt der Offshore-Küstenbereich, mit einer erwarteten durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 6 % bis 2026 als aussichtsreich.

Daher wird erwartet, dass die Investitionsausgaben im Offshore-Segment solide bleiben, trotz der jüngsten Ölpreiskorrektur.

Fundamentaldaten der Subsektoren Offshore-Drilling und Offshore-Supply-Vessels

Offshore-Drilling

Der jüngste Rückgang der Ölpreise hat zu einer Verlangsamung der Ausschreibungstätigkeit im Drilling-Sektor geführt. Trotz dieser Entwicklung bleiben die Charterraten im Offshore-Drilling widerstandsfähig, da der Markt weiterhin angespannt ist, mit Auslastungsraten von etwa 84 % bei Floatern und 88 % bei Hubinseln (Jack-ups). Seit Jahresbeginn sind die Charterraten für Floater um 10 % gestiegen, während die Preise für Hubinseln stabil geblieben sind. Daher können die Fundamentaldaten als stärker angesehen werden, als es die aktuellen Aktienmarkt-Bewertungen widerspiegeln.

Darüber hinaus zeigt ein sehr geringes Auftragsbuch von weniger als 5 % im Verhältnis zur bestehenden Flotte von Hubinseln und Floatern die anhaltende Angebotsdisziplin im Offshore-Drilling-Sektor. Diese Entwicklung steht in starkem Kontrast zu den Jahren 2014/15, als die Auftragsbücher mehr als 20 % der damaligen bestehenden Flotte ausmachten.

Daher sollte die angespannte Angebotssituation im Offshore-Sektor in der Lage sein, die Märkte stabil zu halten. Angesichts des jüngsten Rückgangs der Aktienkurse werden Offshore-Drilling-Unternehmen derzeit mit einem durchschnittlichen Kurs-NIW-Verhältnis (Kurs-Netto-Inventarwert) von 0,8 bewertet, was unter dem historischen Durchschnitt von 0,9 liegt.

Offshore-Supply-Vessels

Die Kapazitätsengpässe sind im Subsegment der Offshore-Versorgungsschiffe (Ankerziehschlepper und Plattformversorgungsschiffe) noch ausgeprägter, da es in den letzten drei Jahren nahezu keine Bestellaktivitäten gab. Laut Clarksons beträgt das Auftragsbuch in diesem Subsegment weniger als 3 % der bestehenden Flotte. Aufgrund der Erholung der Ölnachfrage nach der Pandemie hat die Angebotsknappheit zu einem dreijährigen Aufwärtstrend bei den Charterraten geführt. Im dritten Quartal 2024 gab es eine kurzfristige Korrektur der PSV-Raten (Plattformversorgungsschiffe) in der Nordsee, was zu einer Kurskorrektur bei Offshore-Supply-Aktien führte. Auf der anderen Seite blieben die Charterraten im Ankerziehschlepper-Segment stabil, und die jüngste Korrektur könnte als Chance für potenzielle neue Engagements gesehen werden.

Quelle: Clarksons, September 2024